30 Jun 2022

Der Thüringer Unternehmer Andreas Jelinek (58) aus Suhl erzählte im ersten Teil des Interviews mit Business Leaders, wie Deutsche, Österreicher und Schweizer zu Farmern oder Miteigentümern in einem Wohnpark in Südamerika werden können. Mit Hilfe seiner Firma  La Rivera S.A., die er in Paraguay gegründet hat.

Farm mit Rindern im Eukalyptuswald © La Rivera S.A.
Farm mit Rindern im Eukalyptuswald © La Rivera S.A.

Hier im zweiten Teil erzählt Jelinek von seiner Seefahrerzeit, in der er die Liebe zu Südamerika entdeckte, und warum dort nach seiner Erfahrung nur ein einziges Land zum Investieren in Frage kommt: Paraguay.

Andreas Jelinek (58) aus Suhl in Thüringen, Präsident und CEO der La Rivera S.A. in Paraguay © La Rivera S.A.
Andreas Jelinek (58) aus Suhl in Thüringen, Präsident und CEO der La Rivera S.A. in Paraguay © La Rivera S.A.

 

Bei den Holzpreisen in Paraguay gibt es neuerdings einen Game-Changer: neue Zellulose-Werke

 

Jelinek kommt noch einmal auf die Holzpreise zurück: „Weil wir vorhin über die Holzpreise geredet haben. Da sind wir so ein bisschen abgeschweift.  Für die Preise am Markt gibt es einen Game-Changer, wie man so schön im Alt-Bayerischen sagt. Es wird hier das größte Zellulose-Werk Südamerikas gebaut. Und die haben einen Bedarf von 180 000 Ernte-Hektar pro Jahr Holz. Und wir sind gerade in Verhandlung jetzt auf Termin, das Holz an diese Leute zu verkaufen. Was einen hervorragenden Ertrag für die Kunden darstellen wird.“

Jelinek ergänzt: „Es wird ja nicht nur ein Zellulose-Werk gebaut in Paraguay, sondern eins in Argentinien noch und in Uruguay. Das heißt, auch die Nachbarmärkte werden stark beansprucht. Das wird mittelfristig die Preise stark anziehen lassen wieder. Die Delle, die durch den Markt und durch die Pandemie auch produziert wurde hier, wird sich dann relativ schnell erholen. Das Gute bei Holz ist, man hat Zeit. Man kann da auch mal ein Jahr warten, um einen besseren Preis zu kriegen.“

Business Leaders: Wer steckt hinter diesen Zellulose-Werken?

Jelinek: „Das ist ein Konsortium aus zwei reichen Familien hier in Paraguay. Und einer schwedischen Firma. Die Schweden liefern die Technologie. Aber hier sind 2 reiche Familien sehr stark involviert.“

Business Leaders: Was haben Sie von den Cree-Indianern in Nordamerika lernen können?

Andreas Jelinek (58) aus Suhl in Thüringen, Präsident und CEO der La Rivera S.A. in Paraguay © La Rivera S.A.
Andreas Jelinek (58) aus Suhl in Thüringen, Präsident und CEO der La Rivera S.A. in Paraguay © La Rivera S.A.

Jelinek: „Wenn der letzte Baum gefällt ist, das letzte Tier gejagt und der letzte Fisch gefangen ist, dann werdet ihr feststellen, dass ihr Geld nicht essen könnt.“

Business Leaders: Sie bauen in Paraguay auch Rizinus an, was reizt sie daran?

 

Nachhaltigkeitsprojekt Rizinus – Ziel der La Rivera S.A.: eigene Ölmühle

 

Jelinek: „Da sind wir dabei, das zu intensivieren. Wir haben selbst in der Pandemie-Zeit, obwohl der Absatz gestockt hat, weiter aufgekauft. Das ist ein Nachhaltigkeitsprojekt, das wir aus unserer eigenen Tasche finanzieren, indem wir Kleinbauern ermöglichen, Rizinus anzupflanzen, ihnen die Technologie zeigen. Mit Hilfe auch des Staates und gemeinnützigen Organisationen den Dünger besorgen. Wir kaufen dann die Früchte zu einem festen Preis ab. Und diese Früchte werden von uns geschält. Wir haben eine maschinelle Schäleinrichtung. Die ist sehr komplex, weil das eine empfindliche Frucht ist. Wir exportieren momentan die Samen nach Brasilien. Das Ziel ist aber mittelfristig, eine eigene Ölmühle zu haben. Sie müssen sich vorstellen: Paraguay exportiert die Samen, die werden dann in Brasilien zu Öl gepresst beziehungsweise zu den Ölderivaten weiterverarbeitet und dann wieder nach Paraguay importiert.“ Rizinus ist eine robuste Pflanze die hier heimisch ist.

 

Rizinus für die Autarkie

 

Business Leaders: Warum ist Rizinus so wichtig für Sie?

Jelinek: „Na Rizinus war mal so Teil eines Autarkie-Konzeptes. Wir haben nach Öl- und Treibstoffen als Erdölersatz gesucht, falls das Erdöl mal knapp werden sollte. Sie können im Wesentlichen aus Rizinus-Öl fast alles machen, was Sie aus Erdöl auch machen können. Das ist ein Industrieöl, nachwachsend und nachhaltig.

Der Weltmarkt hat ungefähr 800.000 Tonnen im Jahr und das ist nicht viel, im Verhältnis zu anderen Pflanzenölen. Weil es relativ teuer ist. Deshalb wird es auch nicht als Treibstoff verwendet. Eines der Hauptanwendungsgebiete ist Polyurethan. Farbe, Lacke, Schaum, Matratzen, Nylon. Ökologische Schmieröle, Hydrauliköle, Additive für den Kraftstoff. Da wird sehr viel gemacht. Bekannt ist Rizinus aus der Medizin. Ein großer Anwendungsbereich ist die Kosmetik. Sie benutzen jeden Tag Castor Oil. Die meisten guten Shampoos haben Rizinusöl drin, damit es so schön cremig ist. Oder der Lippenstift enthält Rizinusöl.“

Business Leaders: Neben Wald sind Immobilien Ihre große Leidenschaft. Seit 2011 setzen Sie sich für die Sanierung der Industriellen-Villa Simson am Südhang des Suhler Dombergs ein. Wie weit sind Sie gekommen?

Jelinek: „Die haben wir schon verkauft, jetzt muss ich überlegen, 2016, da wir uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren wollen. Wir investieren in Paraguay, wo wir höhere Renditen haben.“

Business Leaders: Wie sind denn die Renditen in Paraguay aktuell?

Jelinek: „Besser als Kapitalanlagen und andere klassische Produkte in Deutschland und im europäischen Raum. Unsere Rendite ist natürlich abhängig von der Investitionssumme, den Grundstückspreisen und anderen Marktgegebenheiten wie Rohstoffpreisen.“

 

Die Angel e.V. in Wülfershausen an der fränkischen Saale

 

Der gemeinnützige Verein Die Angel aus Wülfershausen an der fränkischen Saale verlädt mit freiwilligen Helfern gespendete Krankenbetten für einen Container nach Paraguay © Angel e.V.
Der gemeinnützige Verein Die Angel aus Wülfershausen an der fränkischen Saale verlädt mit freiwilligen Helfern gespendete Krankenbetten für einen Container nach Paraguay © Angel e.V.

Business Leaders: Vor viereinhalb Jahren gründeten Sie den Verein Die Angel. Warum?

Jelinek: „Die Angel ist ein gemeinnütziger Verein in Wülfershausen an der fränkischen Saale. Das ist unser Verein, um gebrauchte medizinische Hilfsgüter nach Paraguay zu bringen. Die einige unserer Kunden und freiwilligen Helfer als Sachspenden bereitstellen, für die sie auch eine Spendenquittung erhalten. Wir sind dankbar für die Spenden, die uns die Leute geben. Sie müssen sich vorstellen, wir haben hier Hilfscontainer mit Krankenbetten. Wir haben in der Pandemie Beatmungsgeräte, Ultraschallgeräten und solche Sachen hierhergeholt. In Größenordnungen. Also im Jahr mit einem Gebrauchtwert von einigen Sachen von über 200.000 Euro jährlich kommen auch Krankenbetten, elektrische Krankenbetten, Rollstühle, Gehhilfen, die voll funktionstüchtig sind. Alles, was dazu gehört. Das verteilen wir hier an die Bedürftigen. Bei Dieangel.org finden Sie die ganze Story dazu.“

Ankunft der Krankenhausbetten und weiterer medizinischer Ausrüstung im Regionalkrankenhaus Villarrica © La Rivera S.A.
Ankunft der Krankenhausbetten und weiterer medizinischer Ausrüstung im Regionalkrankenhaus Villarrica © La Rivera S.A.

Business Leaders: Sie sind 58 Jahre jung. Wie hat alles bei Ihnen angefangen?

Jelinek: „Ich habe wie viele nach der Wiedervereinigung eine neue berufliche Tätigkeit gesucht. Bin wie so viele in die Versicherungs- und Anlagebranche geraten damals. Hatte aber das Glück, dass ich noch eine sehr gute Ausbildung machen konnte. Und habe dann entdeckt, dass das mein Ding ist, dass das Spaß macht. Und wir waren ja auch sehr erfolgreich in dem Bereich.  Aber irgendwann 2006/2007 haben wir uns gesagt, nein, wir wollen jetzt was anderes machen. Wir wollen wirklich etwas Nachhaltiges produzieren.“

Business Leaders: Was war das Schlüsselerlebnis?

Jelinek: „Das Thema Finanzkrise 2007. Das ging dann 2008 los. Wir hatten in der Analyse ganz klar gesehen, dass da was schiefläuft. Es hätte ja auch einen Riesen-Bum geben können 2008. Und das war so ein Wachrüttler zu sagen, ok, es ist schon besser vielleicht, an einem anderen Ort zu sein. An einem anderen Punkt der Welt einen autarkes Lebensmittel-/Landwirtschaftsprojekt zu haben. Mit Lebensmitteln und mit allen möglichen Dingen. Unabhängig. Mit genügend Wasser. Mit genügend sauberem Wasser. Und weit weg von allen politischen Zonen, die gefährdet sind.“

Business Leaders: Da sind wir bei Paraguay. Sie hätten ja auch andere Länder nehmen können. Wie kamen Sie nach Paraguay?

Jelinek: „Wenn man mal alle Länder Südamerikas rein nüchtern betrachtet, kommen viele Länder überhaupt nicht in Frage. Aus Sicherheitsgründen. Aus Kapitalverkehrsgründen. Aus Steuergründen. Oder die sind schon zu weit. Alle Märkte sind besetzt. Die Grundstücke sind zu teuer. Die Arbeitskraft zu teuer. Und alle diese Prüf-Eigenschaften vereinen sich nur in Paraguay positiv. Deswegen gibt es aus unserer Sicht in Südamerika nur ein Land zum Investieren. Und das ist Paraguay.“

Business Leaders: Sie sind Thüringer. Vermissen Sie nicht Ihr geliebtes Thüringen?

Jelinek: „Na ja, ich freue mich schon, immer mal wieder in der Heimat zu sein. Aber ich habe mir hier in Paraguay eine Gegend gesucht, die auch Berge hat. So ähnlich wie der Thüringer Wald. Die sind war nur maximal 800 Meter hoch, aber der Blick auf die Berge vertröstet mich. Das was mich am meisten antreibt sind die herzlichen Menschen hier in Paraguay. Das schöne Wetter. Das macht das Heimweh nicht so groß.“

Business Leaders: Wo in Thüringen sind Sie aufgewachsen?

Jelinek: „In Suhl.“

Business Leaders: Was haben Sie in Suhl gelernt?

Jelinek: „Ich habe nicht in Suhl gelernt. Ich habe Vollmatrose in der Handelsschifffahrt gelernt und bin für die DDR Handelsflotte 10 Jahre zur See gefahren.“

Business Leaders: Zur See fahren waren ja ein großes Privileg in der DDR.

Jelinek: „Ja, ich hatte das Privileg, keine Verwandten im Westen haben zu dürfen. Ich habe mich beworben und hatte das Glück , diesen Beruf zu lernen. Das war ein richtiger Ausbildungsberuf in der DDR. Zwei Jahre. Und dann bin ich gefahren. Erst Afrika, dann Asien und dann Mittelamerika. Da kommt auch meine Liebe zu Lateinamerika her. Vier Jahre lang in der Karibik. Das war ein Traum.“

Business Leaders: Dann haben Sie ja das Fernweh im Blut.

Jelinek: „Genau. Ich war bei der zivilen Handelsflotte. Wir haben Stückgutfahrten gemacht. Nach Afrika oder nach Mittelamerika. Noch ganz konventionell, was es heute kaum noch gibt. Mit langen Hafen-Liegezeiten. Eine Woche, zwei Wochen im Hafen. Da hatte man noch Zeit. Es war noch alles schön. Man hatte Spaß, konnte an Land gehen. Das war natürlich wirklich ein Privileg.“

Business Leaders: Das gibt es ja so gut wie gar nicht mehr. Die Container-Schifffahrt ist doch relativ langweilig oder?

Jelinek: „Überseetransportbegleiter mit ein paar Stunden im Hafen gibt es heute. Ohne dass die Leute die Möglichkeit haben, an Land zu gehen und Land und Leute kennenzulernen. Da geht es nur: Schnell rein, schnell raus. Und von 12 Mann Besatzung gibt es 12 Nationalitäten. Also das ist dann nicht ganz einfach.“

 

Mal mit dem Boot den Rio Paraná hinab bis Buenos Aires

 

Business Leaders: Und da sind wir bei Ihrer Freizeit. Wenn Sie so riesige Flüsse dort haben, leisten Sie sich ein Binnenschiff?

Der Parana, an dessen Ufern Paraguay liegt, fließt bis nach Argentinien und mündet in den Rio de la Plata © Wikipedia
Der Parana, an dessen Ufern Paraguay liegt, fließt bis nach Argentinien und mündet in den Rio de la Plata © Wikipedia

Jelinek: „Habe ich leider zeitlich noch nicht die Möglichkeit dazu gehabt. Es ist sehr viel Arbeit momentan. Wir reiten natürlich auf dieser Welle des Wachstums voran. Und wir wollen das ja auch weiter ausdehnen. Das wird auch schon mal ein Thema sein: ein schönes Boot. Hier auf dem großen Rio Paraná kann man ja bis runter nach Buenos Aires fahren. Dort unten an der Meeresmündung ist der Rio de la Plata 195 Kilometer breit. Das erwähne ich, damit man die Dimensionen von Südamerika versteht.“

Business Leaders: Zurück nach Deutschland: Sind Sie nun mehr der Suhler oder inzwischen mehr der bayerische Wülfershausener?

Jelinek: „Mehr der Suhler. In Wülfershausen ist nur der Firmensitz, weil es einfach von der Logistik her und vom damaligen Projekt auch abhängig war. Wir haben ein Projekt in Wülfershausen gemacht. Und daraus stammt das noch. Das Projekt haben wir leider eingestellt. Das war mal ein Versuch eines Erneuerbare-Energien-Projekts. Aber da die Politik regelmäßig die Bedingungen geändert hat, machte so was in Deutschland keinen Sinn. Jetzt wird es ja vielleicht wieder anders werden. Aber das ist schon der Wahnsinn gewesen.“

Business Leaders: Von den vielen Aktivitäten, die wir hier besprochen haben, woran hängt denn Ihr größtes Herzblut im Moment?

Jelinek: „Ich denke, die Fraktionierung. Also dieses Haus- und Grundstücksprojekt. Aber viel wichtiger ist vielleicht auch das Farmkonzept.“

Farm mit Rindern im Eukalyptuswald © La Rivera S.A.
Farm mit Rindern im Eukalyptuswald © La Rivera S.A.

Business Leaders: Was wäre eine Überschrift mit der Sie leben könnten?

Jelinek: „Eine eigene Farm in Südamerika.“

Business Leaders. Herr Jelinek, wir danken für das Interview.

 

Über Paraguay als Steuer-Oase

 

Bereits 2013 schwärmte der Immobilieninvestor Julien Sandt, der 2011 von Singapur nach Paraguay umsiedelte und gerade in der Hauptstadt Asunción eine Villa im Kolonialstil zu einem Apartment-Hotel umbauen ließ und eine Autostunde von Asunción ein Haus am Ypacaraí-See erworben hatte, mit auffallend blauen Augen im Deutschlandfunk: „Paraguay ist, glaube ich, das leichteste Land der Welt, wo man einwandern kann. Man bekommt sofort die lebenslange Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis. Genau wie ein Paraguayer könnte ich Unternehmen gründen, führen, besitzen, kann Immobilien kaufen, entwickeln. Es gibt hier zehn Prozent Steuern für Unternehmensgewinne. Es gibt zehn Prozent auch für Gehälter, aber für sehr hohe Gehälter. Für niedrige Gehälter null Prozent Steuern. Es gibt aber vor allem kein Welteinkommensprinzip. Das heißt, auf meine Aktivitäten außerhalb von Paraguay zahl ich null Prozent Einkommenssteuer.“ (FM)

Lesen Sie hier noch interessante Informationen zum autarken Farmkonzept der La Rivera S.A.:

LaRivearS.A._Expose_Farmkonzept2022-01-21