02 Aug 2021

Im Folgenden lesen Sie den zweiten Teil des Interviews mit dem Vorstandsvorsitzenden der JDC Group AG. Den ersten Teil, lesen Sie auf Business Leaders, auf dem Dr. Sebastian Grabmaier als Wirtschaftslenker vorgestellt wird.

Im zweiten Teil des Interviews erzählt Dr. Sebastian Grabmaier, der Chef der bayerischen börsennotierten JDC Group AG, auf welcher Ski-Piste er sich am liebsten austobt und welch wichtiges Geschäft er in 2.000 Metern auf seinem Lieblingsberg abgeschlossen hat.

Dr. Sebastian-Josef Grabmaier (49) © JDC Group AG, München
Dr. Sebastian-Josef Grabmaier (49) © JDC Group AG, München

Business-Leaders.net: Gibt es einen Berg, den Sie lieben?

Dr. Grabmaier: „Ich bin ja Wahl-Kitzbühler. Die Tiroler Berge. Mein Lieblingsberg im Winter heißt Steinbergkogel.“

Business-Leaders.net: Ist der besonders hoch oder was ist das Besondere?

Dr. Grabmaier: „Das Besondere ist eine Nordhangabfahrt, die fast immer gut zu fahren ist. Und da kann man sich auch richtig austoben. Einfach eine schöne schwarze Piste also.“

Business-Leaders.net: Sie stürzen Sich da quasi in die Tiefe?

Dr. Grabmaier: „Das klingt jetzt viel dramatischer als es ist.  Skifahren kann man ja auch als richtigen Sport betreiben. Da ist man komplett angespannt. Aber in 2 Minuten ist man wieder unten am Lift. Auf diesem hat man dann aber ungefähr 10 Minuten Zeit nachzudenken. Da kriegt man viel Sauerstoff ins Blut, da kann man sehr gut denken.“

Business-Leaders.net: Gibt es eine Sache, eine Idee, die Sie mit diesem Berg in Verbindung bringen?

Dr. Grabmaier: „Man nimmt ja manchmal am Berg auch das Telefon ab. Und den Erwerb der Online-Technologie der Geld.de habe ich oben auf dem Steinbergkugel in knapp 2.000 Metern Höhe ausgemacht.“

Business-Leaders.net: Was passierte da?

Dr. Grabmaier: „Da rief der Inhaber von Geld.de an. An einem Sonntag. Den letzten Punkt, alles andere war schon verhandelt, den letzten Schritt der Verhandlung haben wir da gemacht.“

Business-Leaders.net: Wie schwer ist Ihnen 2003 die Entscheidung gefallen, die Firma, bei der Sie angestellt waren, in einem Management Buy-out selbst zu kaufen: die damalige Deutsche-Bank-Tochter Dr. Jung & Partner GmbH. Welche Zweifel bewegten Sie damals bei diesem doch dramatischen Sprung ins kalte Wasser?

Dr. Grabmaier: „Ich habe ja wie gesagt von der Seite meines Vaters das Unternehmerische, also dass man immer lieber versucht, etwas selber zu erwerben, als für andere tätig zu sein.“

Business-Leaders.net. Und das war die Gelegenheit?

Dr. Grabmaier: „Die Gelegenheit war, dass Dr. Klaus Jung mitgemacht hat,  die Firma Dr. Jung & Partner aus der Deutschen Bank raus zu kaufen t und dann zur Jung DMS & Cie. zu fusionieren.  Ich habe mir damals mit 31 zum ersten Mal 600.000 Euro von einer Schweizer Bank geliehen. Rückwirkend  war das nicht selbstverständlich, dass ich das so gemacht habe, da gehörte schon Mut dazu.“

Business-Leaders.net: Wie haben Sie die rumbekommen, Ihnen eine solche Summe zu geben?

Dr. Grabmaier: „Ich habe sie überzeugt, dass nach der großen Internetblase 2001 und den schlechten Zeiten danach das Fondsgeschäft eigentlich nur wieder nach oben gehen kann. Und dass durch die Digitalisierung, die wir damals im Fondsgeschäft eingeführt haben, sehr gute Geschäftschancen bestehen. Und das haben sie mir gut abgenommen. Und genau so war es ja auch.“

Business-Leaders.net: Und die Digitalisierung war das Schlüsselwort auch für die Banker in der Schweiz?

Dr. Grabmaier: „Genau. Das Geschäftskonzept hat sie überzeugt..“

Business-Leaders.net: Und Sie hatten nicht mal eine schlaflose Nacht, wo Sie sich sagten, Mensch, was habe ich denn jetzt gemacht? Habe ich mir jetzt die Beine weggehauen für immer? Waren da nicht Zweifel, zweifelnde Fragen, vielleicht aus der Familie, Mensch, bist du verrückt?

Dr. Grabmaier: „Das können Sie mir glauben. Als Unternehmer haben Sie mehrere schlaflose Nächte. Aber die Frage war ja, haben Sie mehr Überzeugung, dass alles funktioniert, oder stürzen Sie sich dann vor den Zug? Wenn du als Unternehmer nicht ab und zu mal Sorgen hast oder Risiken eingehst, bist du vielleicht nicht genug risikobereit. Das gehört einfach dazu.“

Business-Leaders.net: Und jetzt sind wir schon beim Punkt Börse. Risiko. Wie haben sie es geschafft, so viel Ruhe in den Aktienkurs des von Ihnen geführten Mutterkonzerns JDC Group AG an der Frankfurter Börse hereinzubekommen, der seit vielen Jahren ohne große Ausschläge steigt? Womit halten Sie die Spekulanten im Zaum?

Dr. Grabmaier: „Wir führen, glaube ich, unser Unternehmen und unsere Kommunikation sehr nachhaltig. Wir tun, was wir sagen. Wir sagen, was wir tun. Und das wissen viele zu schätzen. Es ist für eine Aktie gut, wenn ihre Entwicklung den Geschäftszahlen folgt. Mit stetig steigenden Geschäftszahlen entwickelt sich auch der Aktienkurs stetig positiv.“

Business-Leaders.net: Sie kommen gar nicht in die Bredouille, da irgendwie falsche Bewertungen reinzukriegen, wo dann Leerkäufer, wenn die das spitz kriegen, einem das Genick brechen können.

Dr. Grabmaier: „Genau, deswegen muss man  sehen, dass wir kontinuierlich verbesserte Zahlen zeigen können. Das hilft einem dann für die Kursentwicklung.“

Business-Leaders.net: Sie haben am 8. März 2021 die Devise für die nächsten Jahre bis 2025 ausgegeben: „Langfristig wollen wir JDC dann zur führenden Versicherungsplattform in Europa entwickeln.“ Was ist der entscheidende Schlüssel dazu? Ist der gerade unterzeichnete Kooperationsvertrag mit der irischen Mediolanum International Life für deren Deutschlandgeschäft der erste Schritt dazu?

Dr. Grabmaier: „Wie Sie richtig sagen, sind die großen Kunden, die wir gewinnen, der Treiber für das Wachstum. Für den nächsten Wachstumsschritt entscheidend ist zunächst unser neuer Kunde Provinzial Versicherung weil er unsere Plattform bei über 100 Sparkassen im Westen und Norden Deutschlands einführt.  Allein diese  Kooperation wird uns 1 Million neue Kunden bescheren in den nächsten 5 Jahren. Das kann bis zu 100 Millionen Euro Umsatz bedeuten für uns. Dieser Großkunde allein kann also fast zu einer Verdoppelung unseres Umsatzes führen. Und wenn wir noch ein paar von diesen großen Kunden für unsere Plattformstrategie gewinnen können, kann dies ein exponentielles Wachstum für unseren Umsatz bedeuten. Da unsere Kostenbasis relativ stabil ist, wird sich dadurch  das Ergebnis um so mehr erhöhen. Die Plattform, die jetzt fertig gebaut ist, funktioniert gut in Deutschland, würde zudem aber in allen europäischen Ländern genauso gut funktionieren. Man muss nur die Schnittstellen und Datenverbindungen zu den einzelnen Versicherungsgesellschaften in den jeweiligen Ländern schaffen.“

Business-Leaders.net: Auf Franchising wollen Sie aber nicht hinaus oder?

Dr. Grabmaier: „Neulich wollte ein Kunde die Plattform für den kanadischen Markt haben. US-Amerikaner haben schon angefragt. Und auch ein japanischer Versicherer. Wir konzentrieren uns jedoch jetzt noch auf Deutschland. Hier können wir noch viele Marktanteile gewinnen und sehr stark wachsen. Erst wenn wir in unserem Heimamarkt einen relevanten Marktanteil haben, wollen wir dann internationalisieren.“

Business-Leaders.net: Und China macht Ihnen keine Angst? China spielt keine Rolle in Ihrem Geschäft?

Dr. Grabmaier: „Absolut nicht. Eher als Chance. Es gibt ja interessante Markteilnehmer wie die Ping An Versicherung zum Beispiel. Die haben natürlich auch einen Blick nach Europa. Aber auch diese werden Abwicklungskapazität brauchen. Warum sollen sie das alles selber aufbauen? Wahrscheinlich nutzen sie lieber eine Plattform, die schon da ist und auf der es leicht ist, neue Produkte zu promoten. All diese stark wachsenden Ausländer sind daher für uns eher Chance als Risiko.“

Business-Leaders.net: Würden Sie sich andere Rahmenbedingungen wünschen? Wenn Sie Bundeskanzler wären, was würden Sie für Ihr Business durchsetzen, damit so ein Maklerpool oder die Versicherungswirtschaft funktioniert?

Dr. Grabmaier: „Regulierung ist natürlich wichtig in dieser Branche. Wir alle wollen eine soziale Marktwirtschaft haben, in der Verbraucher, also unsere Kunden, entsprechend geschützt sind. Aber wenn Sie mal sehen, wie wenig Vertrauen der Gesetzgeber in den einzelnen Bürger hat, führt dies zu einer immensen Überregulierung. Da sind sicher viele gutegute Ideen dabei. Aber wenn Sie mal sehen, was wir als Pool und Plattform in den letzten 5 Jahren an Regulierung umgesetzt haben: die Wertpapierregulierung MiFID, die Versicherungsregulierung IDD und zusätzlich eine Datenschutzregelung DSGVO, die in den Details gar nicht umsetzbar ist. Jetzt kommt als nächstes ESG, also die Einführung von Nachhaltigkeitskriterien in die Finanzbranche, Umwelt, Social responsibility und Governance. Das sind alles gute Ansätze. Aber wenn ich diese hastig und kurzfristig in ein eng geschnürtes deutsches Regelungswerk presse, dann sorgt  die Bürokratie und die Summe der Einzelmaßnahmen dafür, dass  vor allem kleinere und mittlere Unternehmen sehr stark eingeschnürt werden und am Ende vor lauter Regulierung kein Geschäft mehr rauskommt. Es wäre also schon gut, mit Maß vorzugehen und diese ganzen Themen zu entbürokratisieren. Umweltschutz ist sicher ein wichtiges Thema. Und ordentliche Behandlung der Mitarbeiter auch. Und auch Datenschutz ist ein wichtiges Thema. Genauso wie Kundenaufklärung, also Verbraucherschutz. Aber daß Investmentanträge jetzt statt 2 Seiten 30 oder 35 Seiten haben, schützt Kunden eben nicht besser, sondern es ergibt sich im  Gegenteil, dass sich die Produzenten dadurch freizeichnen und die Regulierung nach hinten losgeht. Der Gesetzgeber sollte also bei jeder Regelung, die er macht, zuerst einmal die Auswirkungen auf die Praxis beachten. Das würde ich mehr im Auge haben als Kanzler. Und würde sehen, dass ich lieber weniger, aber klarere Regelungen mache. Denn auch was gut gemeint ist, ist oft nicht gut gemacht..“

Business-Leaders.net: Wenn Sie die Chance hätten, eine Zeitreise zu unternehmen. Wo würden Sie hinreisen?

Dr. Grabmaier: „Ich würde in die Zukunft reisen. Auf jeden Fall.“

Business-Leaders.net: „Was würden Sie da sehen wollen?“

Dr. Grabmaier: „Als erstes würde ich mir meine Kinder als Eltern und meine Enkel anschauen. Mich würde auch interessieren, wie die Welt dann aussieht, sagen wir einmal in dreißig oder in fünfzig Jahren. Wie es weitergangen ist. Es gibt ja viele Themen. Industrie, Verkehr, aber auch Freizeit, das würde mich schon interessieren. Wir machen uns ja viele Gedanken, wie sieht unsere Industrie aus in zehn Jahren? Wie sieht eine Kapitalanlage aus oder wie sieht Sparen aus? Wenn man sich 30 Jahre nach vorne beamen könnte, könnte man, glaube ich, vieles lernen, was man jetzt richtiger machen kann.“

Business-Leaders.net: Und wenn Sie zurückschauen. War die Zeit so, dass Sie entweder Banker oder Rechtsanwalt werden mussten. Ohne dem wurde man nichts im Leben oder was war das für eine Zeit, als Sie Jugendlicher waren?

Dr. Grabmaier: „Ich bin ja auch Rechtsanwalt. Und es stimmt, früher hieß es schon: „Wenn du etwas werden willst, dann musst du Jurist werden, dann kannst du in der Wirtschaft machen, was du willst.“

Business-Leaders.net: Viele Abgeordnete im Bundestag sind auch Juristen. Da muss man fragen, hat die Wirtschaft Sie dann doch stärker fasziniert als die Politik?

Dr. Grabmaier: „Ja immer schon. Ich habe ja schon zwei Wochen nach meinem ersten Staatsexamen mein erstes Unternehmen gegründet. Also ich wollte schon immer Unternehmer sein und werden. Ich hätte mich nie irgendwo als Richter gesehen.“

Business-Leaders.net: Also Ihr erstes eigenes Geld haben Sie als Unternehmer verdient. Und was war damals Ihr Geschäft?

Dr. Grabmaier: „Ich war Repetitor, habe also jungen Studenten Jura beigebracht.“

Business-Leaders.net: Konnte man davon schon ein Auskommen haben?

Dr. Grabmaier: „Ja,  das war gar nicht schlecht. Was man halt mit 25 für einen Anspruch hat. Aber ich habe meinen Lebensunterhalt verdient, ja.“

Business-Leaders: Was steht als nächstes an für Sie. Regatta geht ja nicht?

Dr. Grabmaier lacht: „Ja, genau. Ich habe gestern die Skitourensaison beendet. Insofern wird nun das Boot ausgewintert. Zurzeit schneit es in Süddeutschland. Wenn es nächste Woche nicht mehr schneit, wird das Boot zu Wasser gelassen. Im Starnberger See.“

Business Leaders.net: Sie sind also winterfit und sommerfit. Sport hält bekanntlich Körper und Seele zusammen.

Dr. Grabmaier: „Am Ende macht alles nur Sinn, wenn  man es auch genießen kann. Das kann man erst einmal nur, wenn man möglichst lange und gesund lebt. Wenn man nur arbeitet, um mit 65 ins Gras zu beißen, dann hat man sicher nichts davon.“

Business-Leaders.net: Herr Dr. Grabmaier, wir danken für das Interview.

 

Teil 1 auf Business-Leaders.net – Dr. Sebastian Grabmaier JDC Group AG – Leader in Advisortech: “Das ist schon wie eine Geburt“