In Deutschland herrscht heute breiter Konsens, dass die erneuerbaren Energien im Vergleich zu Atomkraft oder fossilen Brennstoffen die bessere Alternative sind, sagt Holger Götze, Vorstandsvorsitzender der CHORUS Clean Energy AG. Im Interview mit Scoredex spricht er über die politischen Risiken der regenerativen Energien und darüber, dass Anleger mit Windkraft und Photovoltaik auch in Zukunft gute Renditen erzielen können.
Scoredex: Wie sind Sie zu den regenerativen Energien gekommen?
Holger Götze: Ich komme eigentlich aus dem Bereich der strukturierten Finanzierung. Ich habe viele Jahre strukturierte Immobilienfinanzierung gemacht, auch Fonds- und Leasing-Gestaltung für gewerblich genutzte Immobilien.
Dann habe ich vor vielen Jahren Themen wie Müllverbrennungsanlagen in Form von strukturierten Finanzierungen begleitet. Von dort war es nicht mehr weit zu den erneuerbaren Energien. Der endgültige Wechsel fand für mich statt, als das Thema erneuerbare Energien aus der – ich sage mal – „Idealisten-Ecke“ raus und in den eher professionellen Investmentbereich gekommen ist.
Scoredex: Wenn Sie eine vorläufige Bilanz zur Energiewende ziehen müssten, wie würde diese ausfallen?
Holger Götze: Das Zwischenzeugnis wäre auf jeden Fall positiv, auch wenn natürlich nicht alles perfekt gelaufen ist. Aber grundsätzlich bin ich der festen Überzeugung, dass an der Energiewende kein Weg vorbeiführt – weder in Deutschland, noch in anderen Ländern. Ich glaube, darüber herrscht auch weiterhin ein sehr breiter Konsens in der Gesellschaft.
Und wenn momentan kritische Stimmen im Hinblick auf die Kosten der Energiewende zu hören sind, dann liegt das zum einen an der Art der Fragestellung und zum anderen an einer sehr, sehr guten Lobbyarbeit der konventionellen Energieerzeuger. Was die Lobbyarbeit anbelangt, sind die alten Energieerzeuger der Branche der erneuerbaren enorm weit voraus.
Wenn Sie jemanden aus der Bevölkerung fragen, ob er ein Windrad in seinem Garten haben will, dann wird er tendenziell dagegen sein. Wenn Sie Ihn fragen, ob er mehr für seinen Strom bezahlen will, wird er auch nein sagen. Wenn Sie ihn aber fragen, wollen Sie lieber ein Atomkraftwerk in der Nachbargemeinde oder ein paar Windkrafträder, dann wird die Antwort schon ganz anders ausfallen. Ich glaube, insgesamt ist der Konsens groß, dass die Kernenergie kein Zukunftskonzept ist und dass der Ausstieg sinnvoll ist.
Es herrscht, denke ich, auch ein breiter Konsens, dass das Verbrennen von fossilen Energieträgern auch keine dauerhaft gute Lösung sein kann, egal ob es heimische Braunkohle oder importierte Steinkohle ist. Und dass eine zu starke Abhängigkeit von Gaslieferungen, deren Hahn letztendlich der Herr Putin bedient, nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, liegt denke ich auch auf der Hand.
Scoredex: Ist es für Investoren schon zu spät noch von der Energiewende zu profitieren? Oder können noch gute Renditen mit regenerativen Energien erzielt werden?
Holger Götze: Ja, natürlich, wobei immer die Frage ist, was ist gut. Die Goldgräber-Stimmung ist ein bisschen weg, Aber das ist ja bei jedem Markt so, der sich neu entwickelt, dass tendenziell hohe Renditen zu erzielen sind, aber natürlich auch hohe Risiken damit einhergehen, wie mit jeder neuen Technologie oder Marktentwicklung.
Das Ganze hat sich bei den erneuerbaren Energien etwas stabilisiert. Heute ist für jeden erkennbar, dass Photovoltaik keine großen technologischen Risiken in sich birgt und dass auch die Schwankungen der Sonne gering sind, sodass dort mit festen Zahlungsströmen zu rechnen ist. Das spiegelt sich dann einfach darin wider, dass die Renditeerwartungen runtergehen.
Das gleiche gilt auch im Windbereich. Da ist die Schwankung etwas größer, aber das liegt in der Natur der Sache, denn Wind ist etwas volatiler als die Sonne. Aber die technologischen Risiken hat man mittlerweile im Griff. Die großen Hersteller haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Dadurch gehen aber auch dort die Renditen runter, denn je sicherer ein Geschäft ist, desto geringer die Renditen. Aber gerade in Zeiten von Niedrigzinsen, bleibt der Markt für Investoren interessant.
Scoredex: Die CHORUS-Gruppe beschäftigt sich schon seit 2006 mit dem Thema der regenerativen Energien. Verschafft Ihnen dieser Vorsprung einen entscheidenden Vorteil vor der Konkurrenz?
Holger Götze: Definitiv. Wir waren sicherlich einer der „First Mover“ in dem Bereich. Wir haben heute ein großes Portfolio – weit über 200 Megawatt – unter unserem Management und sind auch ständig dabei, das noch auszuweiten. Das ist natürlich ein Erfahrungsschatz, aus dem wir schöpfen können. Ich will jetzt nicht sagen, dass uns jedes Problem, was es geben kann, schon mal untergekommen ist, aber doch zumindest viele.
Das ist in jedem Markt so: Je mehr Erfahrungen Sie haben, desto besser können Sie sich auf die Marktgegebenheiten einstellen. Wir haben Wind und Photovoltaik und das in verschiedenen Ländern. Wir kennen die Gegebenheiten nicht nur in Deutschland, sondern auch in Italien, Frankreich, Österreich und Finnland. Das ist ein Erfahrungsschatz, von dem sehr viele profitieren können.
Scoredex: Zudem haben Sie neben Finanzprofis auch Ingenieure im Haus. Werden die Anlagen also vorher auf Herz und Nieren geprüft?
Holger Götze: Wir haben zwar technisches Verständnis im Haus, da muss man aber doch fairerweise sagen: Die technische Seite ist so speziell, da bedienen wir uns dann doch immer noch spezialisierter Dienstleister in Form von Ingenieurbüros, die für uns die technische Seite prüfen. Denn das ist spezielles Know-How. Da macht es mitunter mehr Sinn, diese Leistung zu kaufen. Und da gibt es nicht nur einen Dienstleister, sondern mehrere, mit denen wir sehr vertrauensvoll zusammenarbeiten, je nach Aufgabenstellung.
Scoredex: In Italien wurde kürzlich die Einspeisevergütung rückwirkend gekürzt. Kann man sich als Fondsemittent überhaupt gegen solch ein politisches Risiko absichern?
Holger Götze: Wir sind ja auch in Italien investiert und sind dadurch auch Leidtragende dieser Situation. Absichern, in dem Sinne, dass ich eine Versicherung dafür abschließe, das wird natürlich schwierig. Das politische Risiko bleibt Ihnen erhalten. Das ist auch nicht allein ein italienisches Thema. Spanien hat es vorgemacht. Tschechien hat es ebenfalls gemacht.
In Deutschland gab es zumindest die Diskussion. Ich erinnere an Herrn Altmaier und Herrn Rösler, die genau das auch wollten und nur unter dem Druck der öffentlichen Meinung einen Rückzieher gemacht haben. Italien hat es jetzt durchgezogen.
Dass ein Staat gemachte Zusagen bricht, ist nicht natürlich schön. Wir gehen gemeinsam mit anderen Investoren dagegen vor. Es gibt in Italien auch einen breiten Konsens unter Juristen, dass das Dekret, welches die Regierung beschlossen hat, verfassungswidrig ist. Was dabei rauskommt, wird sich zeigen. Wenn Sie vor dem Verfassungsgericht klagen, kann das viele Jahre dauern.
Die Absicherung dagegen kann natürlich nur die sein, dass man über eine breite Diversifikation solche Einzelrisiken in einem Portfolio streut, also dass man über verschiedene Technologien und verschiedene Länder investiert ist und ein solches Durchschlagen eines Einzelrisikos letztlich zwar immer noch einen negativen Effekt hat, aber keinen so gravierenden mehr, dass von einem existenzbedrohenden Risiko auszugehen ist.
Scoredex: Wie wichtig sind Transparenz und Due Diligence in Ihrem Bereich?
Holger Götze: Sehr wichtig. Fangen wir mit dem Letztgenannten an. Die Due Diligence ist das A und O. Die Überprüfung vor der Investition einer Anlage – sowohl technische, als auch die wirtschaftliche und die juristische Due Diligence – sind natürlich die Kernelemente, damit ich überhaupt weiß, was ich kaufe. Das fängt an im rechtlichen Bereich: Sind alle Grundstücke wirklich wirksam gesichert?
Oder das Thema Kabeltrassen. Ich habe ja teilweise mehrere Kilometer Kabel bis zum Einspeisepunkt ins öffentliche Netz. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wir haben im letzten Sommer einen Windpark gekauft, da waren 237 Grundstücke betroffen. Das muss man dann natürlich abarbeiten. Da muss sich jemand dransetzen, der die Grundbuchauszüge lesen kann und sieht, ob dort überall die entsprechende Dienstbarkeit eingetragen ist.
Auch das Thema Technik spielt eine wichtige Rolle: Passen die Komponenten zusammen? Ist die Technik vernünftig zusammengebaut? Sind alle Genehmigungen eingehalten? Das ist ein breiter und komplexer Strauß an Themen, der dort abzuarbeiten ist und wo wir die entsprechende Erfahrung haben.
Auch das zweite Thema – die Transparenz – ist natürlich auch ein ganz wichtiges Thema, besonders im Reporting hinterher. Wir sind davon überzeugt, dass wir sehr transparent berichten. Wir berichten durchaus auch über Probleme, die mal auftauchen können. Die wollen wir auf keinen Fall verheimlichen. Es läuft nicht immer alles 100-prozentig perfekt, das kann auch nicht sein. Und entsprechend wichtig ist der transparente Umgang damit, um auch Investoren frühzeitig und vollumfänglich zu informieren.
Scoredex: Die CHORUS-Gruppe ist neben ihren geschäftlichen Tätigkeiten auch sozialverantwortlich engagiert mit der Hilfsinitiative „Energie für die Welt“. Können Sie uns dazu ein paar Worte sagen?
Holger Götze: Es gehört sich einfach auch ein Stück weit für ein verantwortliches Unternehmen, dass es das Thema Charity und Unterstützung von Bedürftigen mit auf der Agenda hat. Wir wollen uns da der sozialen Verantwortung auch stellen und in unserem Falle liegt es auch nahe, ein energiespezifisches Thema zu besetzen.
„Energie für die Welt“ ist eine Initiative, wo wir über viele kleine Projekte nachdenken und diese auch unterstützen, um beispielsweise eine Versorgung von kleinen und abgelegenen Dörfern mit kleinen PV-Anlagen zu ermöglichen, damit diese elektrische Energie zu Verfügung haben und vom technologischen Fortschritt nicht komplett abgehängt werden.
Scoredex: Herr Götze, vielen Dank für das Gespräch!
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